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Rheinau: Für eine Liebe auf den dritten Blick

Rheinau: Für eine Liebe auf den dritten Blick

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Stadtteil der Tradition und Moderne: Das Denkmal zur Erinnerung an die Erstfahrt von Karl Drais am Ortseingang.© Thomas Tröster

von Konstantin Groß

Es ist der 15. Juni 1979. Mit meinen Eltern ziehe ich, damals 15 Jahre jung, vom Almenhof auf die Rheinau.

Von einer beschaulichen Gartenstadt-Siedlung mit kleinen Straßen, vielen Bäumen und dem 48-er Platz als geselligem Herz in ein von langen Schneisen, Hochbebauung und Industrie geprägtes Quartier.

Ein kleiner Kulturschock. Schon die Anfahrt, auf der autobahnähnlichen B 36, war mir dafür symptomatisch.

Schwierige Liebe

Mehr als vier Jahrzehnte ist das her und nicht nur deshalb weit weg. Inzwischen nämlich ist die Rheinau mir Heimat geworden, ein Ort, den ich nicht mehr missen möchte.

Aber mein Beispiel zeigt in der Tat: Die Rheinau ist nichts für eine Liebe auf den ersten Blick, nicht mal für den zweiten, eher für den dritten oder gar den vierten. Dann aber wird diese Liebe umso unverbrüchlicher. Eine Erfahrung, die man ja zuweilen auch mit Menschen machen kann.

Yachthafen im Rheinauhafen. Am Rheinkilometer 412,4 liegen rund 150 schmucke Schiffe, allen voran das schwimmende Restaurant "Heimat". © Thomas Tröster
Yachthafen im Rheinauhafen. Am Rheinkilometer 412,4 liegen rund 150 schmucke Schiffe, allen voran das schwimmende Restaurant „Heimat“. © Thomas Tröster

Lernen, um zu verstehen

Wer die Rheinau verstehen will, der muss erst vieles lernen. Das fängt schon mit dem Namen an: Keinesfalls wohnt man in Rheinau, sondern auf der Rheinau.

Und dann kommt es auch noch darauf an, wo genau. Denn die Rheinau ist kein einheitliches Gebilde. Sie besteht aus fünf Ortsteilen, durch Bahngleise oder Schnellstraßen klar voneinander getrennt und daher mit einem starken Eigenleben: Rheinau-Mitte und der Pfingstberg, das Casterfeld und Rheinau-Süd sowie natürlich der Rheinauhafen.

Das sorgt zwar für Vielfalt, erleichtert aber nicht gerade das Vorhandensein eines einheitlichen Stadtteilbewusstseins. Ebenso wie die Entstehungsgeschichte.

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Hier kann man die Sommertage genießen. © Vanessa Müller

Rückwärtige Ansicht der historischen Häuserzeile in der Stengehlhofstraße. © Thomas Tröster
Rückwärtige Ansicht der historischen Häuserzeile in der Stengehlhofstraße. © Thomas Tröster

Nach 1872 entstanden

Denn anders als Sandhofen oder Neckarau ist Rheinau extrem jung, ein Kind der Industriellen Revolution. Entstanden erst nach 1872, als die Chemie-Industrie den hiesigen Rhein-Bogen zum Bau eines Hafens und ihrer Fabriken nutzte.

Die erste trug daher den Namen Rheinau-AG. Und dieser übertrug sich auf jene Arbeitersiedlungen, die damals am Rande der Hafenbecken entstanden und den Kern des Stadtteils bilden.

Und den erkennt man bis heute an wunderbaren Gründerzeit-Fassaden etwa in der Stengelhof- oder der Karlsruher Straße. Aber auch moderne Bauten prägen das Ortsbild, etwa das „Rheinauer Tor“ am Eingang der Relaisstraße oder die Kirchen.

Etwa St. Konrad mit dem Zuckerhut-förmigen Turm im Casterfeld, vielen Autofahrern auf der B 36 bekannt, oder die Glaskirche auf dem Pfingstberg, entworfen von Stararchitekt Carlfried Mutschler.

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