Kult-Festival auf neuen Wegen
Für die Fans des Mannheimer Maifeld Derbys ist 2020 ein Jahr der Sehnsucht, für den Delta Konzerte-Chef und Musiker Timo Kumpf ein Jahr der Besinnung.
Es war der Februar 2019, als Kumpf für sich den Entschluss fasste, dass genau nach der neunten Auflage und damit vor dem großen Jubiläum die Zeit sein sollte, eine bewusste Pause einzulegen, bisherige Prozesse zu überdenken und damit auch dem permanenten Druck zu entkommen, nach dem Festival schon wieder an die nächste Ausgabe denken zu müssen.
Internationale und regionale Künstler
Wer 2019 vor der kreativen Pause auf dem Maimarktgelände noch einmal drei Tage vor Ort zelebrierte, erlebte genau jene Magie, die dem Derby seit 2011 nicht nur regelmäßig Besucherzahlen jenseits der 10.000 sicherte, sondern auch das Format eines Boutique-Festivals schuf, wie es deutschlandweit zum Alleinstellungsmerkmal wurde.
Denn neben internationalen Headlinern wie Von Wegen Lisbeth oder Faber, die fast schon standesgemäß für Hochstimmung sorgten, waren es oft die unerwarteten Momente, die neben dem Pferdesportstadion für Akzente sorgten.
Dass mit der Sängerin Novaa und den Pop-Rockern von Flourishless auch regionale Werte betont wurden und mit der wuchtigen Soulstimme von JNR Williams sogar echte Entdeckungen auf der Bühne standen, bestätigte den Rang eines progressiven Genießer-Festivals, das durch den Überraschungsauftritt von AnnenMayKantereit stilecht gekrönt wurde.
Von heiß geliebten Specials wie der traditionellen Steckenpferddressur, der Fair Trade-Händlermeile oder politisch engagierten Ausstellungen gegen Rechts hatte man da noch gar nicht gesprochen.
Neustrukturierung benötigt
Während nach dem großen Finale im Juni 2019 für die Fans die Zeit der gespannten Erwartung begann, standen für Timo Kumpf und sein Team Monate zwischen bewusster Erholung und dringend benötigter Neustrukturierung an.
Denn auch, wenn das Maifeld Derby zuletzt mit Festivaltickets jenseits der 100 Euro nicht zu den günstigsten seiner Sorte gehörte.
Dass das Drei-Tages-Event mit seinem exklusiven Lineup in Mannheim jährlich überhaupt ausgetragen werden konnte, lag maßgeblich am Erfolg der kommerziell orientierten Konzerte, die Kumpfs Agentur Delta Konzerte im Rest des Jahres veranstaltete.
Da 2019 jedoch sowohl das Zeltfestival Rhein-Neckar, das über Delta Konzerte veranstaltet wird, als auch andere Veranstaltungen unter dem erwarteten Erfolg blieben, häufte sich ein Schuldenberg von satten 140.000 Euro an, dem es fortan zu begegnen galt.
#aufgalopp21
In der Folge initiierte Timo Kumpf unter dem Stichwort #aufgalopp21 eine Crowdfunding-Kampagne, um einerseits vorhandene Altschulden abzutragen, auf der anderen Seite mit Benefizkonzerten aber auch ein Lebenszeichen zu setzen, das als Vorgeschmack noch zu erwartender Großtaten verstanden werden sollte.
Dass sowohl die Kampagne als auch die geplanten Konzerte durch die Corona-Krise schwer getroffen wurden, steht außer Frage.
Dass die erhofften 50.000 Euro an Spendeneinnahmen dennoch zustande kamen, wertet Timo Kumpf als großes Zeichen unverbrüchlicher Fan-Treue – auch, wenn für den Veranstaltungsprofi klar ist, „dass wir die Events nachholen wollen, sobald das in gewohnter Form wieder möglich ist.“
Projektförderung durch die Stadt
Doch auch ansonsten hat sich in der organisatorischen Struktur des Kult-Festivals vieles getan. Einerseits hat Kumpf sein Festival komplett auf gemeinnützige Beine gestellt.
Zum anderen beschloss der Mannheimer Gemeinderat eine einmalige Projektförderung von 100.000 Euro, die der Festivalchef ab 2021 erstmals in Personal und Struktur investieren kann, um das unternehmerische Risiko nicht mehr gänzlich alleine abfedern zu müssen.
Es sind erste, lang erwartete Schritte der Anerkennung, die Kumpf mächtig Antrieb verliehen haben.
Denn bereits in den ersten Bestätigungen für das bisher auf 11. bis 13. Juni 2021 terminierte Jubiläum finden sich große Namen wie Caribou, Sophie Hunger oder DJ Shadow wieder, die eine fulminante zehnte Ausgabe erwarten lassen.
Auch, wenn der Get Well Soon-Bassist Kumpf keinen Hehl daraus macht, dass gerade das Booking von renommierten Acts mit internationaler Strahlkraft in unsicheren Zeiten durch die Pandemie wieder für tüchtige Herausforderungen sorgt.
- Maifeld Derby